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Tourismusforschung in Bukarest (Rumänien)
„Cine nu a gustat amarul, nu ştie ce este zahărul“ lautet ein Rumänisches Sprichwort. Oder zu Deutsch: „Wer nicht das Bittere gekostet hat, der weiß nicht, was Zucker ist.“ Vielleicht sind wir 12 Studierende des Master-Studiengangs International Studies of Leisure and Tourism (MLT) mit unseren Professoren Dr. Hartmann und Dr. Stecker mit diesem Gefühl am 20.10. nach Bukarest gereist, denn die rumänische Hauptstadt ist nach wie vor kein Ort, den man ohne Vorurteile besucht. Da wird man sicher beklaut, bestimmt ist alles voller Straßenhunde und das Hotel könnte eine Bruchbude sein. Und hier sollten wir also erforschen, inwieweit der Kultur- und Städtetourismus den Kriterien einer nachhaltigen Tourismusentwicklung entspricht?
Bukarest, sechstgrößte Stadt der EU und „Paris des Ostens“, zählte in 2013 zusammen mit den rumänischen Landeshauptstädten immerhin 7,083 Mio. Übernachtungen, davon knapp 2,5 Mio. durch ausländische Gäste. Das mag zwar noch nicht überragend sein – Wien, siebtgrößte Stadt, zählte 2013 alleine knapp 12,7 Mio. Übernachtungen -, zeigt aber doch die Bedeutung des Tourismus vor Ort.
Nachdem wir in Bremen einen Kriterien- und Indikatorenkatalog als Leitfaden für die Erfassung und Bewertung der Nachhaltigkeitsleistungen des Tourismus in Bukarest entworfen hatten, bestand unsere Aufgabe vor Ort darin in Kleingruppen Befragungen von Touristen und Angestellten der Branche, Beobachtungen an kulturellen Attraktionen, öffentlichen Plätzen, Hotels und Restaurants sowie qualitative Interviews mit Vertretern des nationalen und kommunalen Tourismussektors durchzuführen. Zur Seite standen uns Mihaela (Rumänin und ehemalige Studentin der HS Bremen), sowie einige Bukarester Studierende, die uns sehr behilflich waren und dolmetschen konnten, falls es notwendig war.
Mehr versprachen da die Taxifahrten! Wenngleich der durchschnittliche Bukarester ein besseres Fahrzeug fährt als sein Berliner Pendant, so wird im Taxi noch die Abenteuerlust des Fremden günstig erfüllt: Gleichsam einem Kajak in den wildesten Flüssen Yukon‘s donnert es durch die wogenden Blechlawinen der Bukarester Rushhour. Was dem Einen Paddel ist, sind dem Anderen Gaspedal, Lenkrad und Hupe. Der Anschnallgurt ist Unsinn, Sicherheit gewährleistet ein orthodoxes Heiligenbildchen über dem Rückspiegel und das Flair wird abgerundet vom quakenden Funkgerät und dem schimpfenden Fahrzeugführer, der auf seinem Tablet Computer (!) neue Aufträge annimmt.
Nach der Woche waren wir durchaus erschöpft, aber so bitter wie befürchtet war es nicht! Niemand wurde beklaut, sondern stattdessen wurde jeder reich mit Eindrücken und Erlebnissen beschenkt. Wir möchten daher unseren rumänischen Freunden für Ihre Gastfreundschaft danken und freuen uns auf die Auswertung unserer Erhebungen, damit wir vielleicht etwas zurückgeben können, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.
Bukarest mag wie jede andere osteuropäische Stadt ein paar alte Häuser, Kabelsalat und beschädigte Straßen vorweisen. Doch man erkennt den Aufbruchsgeist: Es wird gebaut und renoviert. Wer sucht, findet viele schöne Plätze, ob Park oder Gastronomie. Allein die Klimaamplitude mag einem zu schaffen machen: Angereist bei 20°C in der Sonne verließen wir Bukarest wieder am 25.10. bei -2°C und einsetzendem Schneefall.
(Anselm Höfelmeier)